Mein Wunsch für die Zeit nach Corona

 

Sie kochen wieder, die Menschen! Lies hier, wie es dazu kam.

 

Wenn ich mal Zeit habe, dann werde ich…

Kennst du diesen Satz „Wenn ich mal Zeit habe, dann werde ich…“? In unserem so dicht befüllten Zeitplan im Alltag bleibt nur wenig Platz für private Dinge. Und oft haben wir auch für die Freizeit noch eine Liste mit Dingen, die wir unbedingt erledigen müssen. Herzensprojekte werden auf die lange Bank geschoben. Auch beim Kochen. Auf irgendwann.

Vielleicht willst du schon lange:

  • einmal selber Teigwaren herstellen
  • ein erstes Mal Bärlauch sammeln und daraus ein Pesto zubereiten
  • einmal eine Motivtorte kreieren
  • selber feines, knuspriges Brot backen

Ich selber habe schon lange gedacht, ich würde mal gerne die Herstellung von Hefewasser ausprobieren. Habe ich es getan? Nein, ich hatte immer Wichtigeres vor. Es musste ein Virus kommen, damit ich mir die Zeit für Hefewasser nehmen würde! Und auch jetzt geschah es nicht aus einem unbändigen inneren Wunsch heraus, sondern weil es im Supermarkt schlicht und einfach keinen einzigen Krümel Hefe mehr zu kaufen gab.

Und weisst du was? Das Projekt war superspannend und hat auch tatsächlich funktioniert. Ich werde mich nicht länger abhängig machen von industrieller Hefe. Ich habe einen neuen, interessanten Weg gefunden, zu frischer Hefe zu kommen. Diesen kannten wohl schon unsere (Ur-)Grossmütter. Also erlebte ich so etwas wie „Back to the roots“.

Zurück zu den Wurzeln heisst auch, sich wieder die Zeit zu nehmen, für sich selber frisch zu kochen. Ich entnehme den sozialen Medien, dass das gerade in Familien wieder vermehrt geschieht. Das freut mich riesig!

Das ist also mein Wunsch für die Zeit nach Corona: dass die Menschen wieder entdeckt haben, wie viele Vorteile es hat, selber zu kochen.

 

Wissen, was drin ist und neue Geschmackserlebnisse

Indem wir ein Rezept suchen und die benötigten Zutaten auf einen Einkaufszettel schreiben, ist der erste Schritt bereits getan. Wir wissen, was in unserer Mahlzeit drin sein wird. Wir besorgen uns die einzelnen Lebensmittel und Gewürze.

Wir können im Supermarkt herausfinden, ob die ausgewählten Gemüse überhaupt im Angebot sind. Oder ob wir auf eine andere Gemüseart ausweichen sollten, die aktuell auch tatsächlich bei uns wächst und geerntet werden kann. Wir lernen wieder, saisonal zu kochen. Wer braucht schon Erdbeeren und Spargeln im März? Obwohl, in meinem Garten sind bereits die ersten Spargelspitzen sichtbar… (die Welt scheint allgemein ein bisschen aus den Fugen zu sein).

Ich bin nicht sicher, ob wir aktuell lernen, wieder vermehrt das regionale Angebot zu nutzen. Viele Menschen besorgen sich ihre Nahrungsmittel nach wie vor im Supermarkt. Da können sie mit dem Auto hinfahren und alles in einem Gang erledigen. Die Märkte im Freien mit Frischprodukten finden wegen des Virus nicht statt. Hofläden haben offen und die Landwirte benötigen diesen Absatzzweig dringend. Aber ob wir den Weg dahin finden in dieser Zeit? Wer einen Lieferdienst anbietet, wird seine Produkte leichter los. In unserem Quartier liefert ein Bio-Landwirt Gemüse im Abonnement und das scheint zu boomen.

 

Kochen: eine Tätigkeit mit allen Sinnen

In diesen Tagen macht es den Anschein, als würden wieder ganze Familien gemeinsam in der Küche stehen und eine Mahlzeit zubereiten. Ein Erlebnis, das alle Sinne anspricht! Das Auge isst mit, heisst es. Das beginnt bereits bei der Auswahl der Rezepte und der Zutaten. Was wir sehen, beeinflusst uns. Wir wählen die optisch schönsten Gemüse und Früchte aus. Auch die Verpackung eines Produktes spricht uns an oder eben nicht.

Bei der Zubereitung spüren wir, was wir verarbeiten. Wir waschen, rüsten und schnippeln. Wir benutzen unsere Hände, stellen fest, dass Karotten härter sind beim Schneiden als etwa ein Stück Käse, das wir würfeln sollen.

Auch die Nase ist mit von der Partie. Wir riechen gehackte Petersilie, gedünstete Zwiebeln, gebratenes Fleisch, die unendliche Vielfalt der Gewürze.

Und zu guter Letzt ist da der Geschmack. Wir beurteilen, ob die Sauce noch eine Prise Salz benötigt. Wir geben hier noch etwas italienische Kräuter dazu und dort noch einen Schuss Sahne. Die Geschmacksknospen auf unserer Zunge erleben vielleicht ganz neue Geschmacksrichtungen. In anderen Zeiten kennen sie vor allem den Geschmack von Fertigbratensauce, von Ketchup, Mayonnaise und Co. Alles irgendwie Einheitsbrei. Und jetzt gibt es ungeahnte Möglichkeiten, einem Gericht die ganz eigene Note zu verleihen. Jedes Mal schmeckt es anders. Einfach herrlich!

Wir können kreativ sein, bestehende Rezepte verändern und mit jenen Zutaten arbeiten, die wir vorrätig haben. Wenn wir nur noch einmal pro Woche einkaufen gehen, merken wir zu Hause, ob die Planung funktioniert hat. Welche Zutat ging vergessen? Welche Alternative gibt es und findet sich in unserem Küchenschrank? Da ist Improvisation gefragt!

Was schliesslich auf dem Teller landet, ist die Summe all dieser Faktoren. Ein Erlebnis schlechthin!

 

Die Wertschätzung für Selbst-Gekochtes

Kochen wird also wieder zum (Gruppen-)Erlebnis. Da wird geplant, eingekauft, gerüstet, geschnippelt, gerührt, gebraten und gebacken, was das Zeug hält. Was mich besonders freut: die Mahlzeit wird wieder wert-geschätzt. Sie hat nicht mehr nur ihren Einkaufswert. Nein, es wird klar, wie viel Zeit da drin steckt, wie viel Handwerk, Kreativität und nicht zuletzt Liebe. Die Wertschätzung für das Essen ist zurück. Und damit die Wertschätzung

  • für jene, die Nahrungsmittel produzieren
  • für jene, die Nahrungsmittel transportieren
  • für jene, die Nahrungsmittel in die Regale füllen
  • für jene, die schliesslich aus diesen Nahrungsmitteln eine Mahlzeit auf den Tisch zaubern.

So schön, wenn dank Corona die Wertschätzung und Dankbarkeit für unser Essen steigt. Meine damit verknüpfte Hoffnung ist, dass dieser Effekt nachhaltig ist. Dass er anhält und wir uns bemühen, auch langfristig weniger Nahrungsmittel wegzuwerfen!

 

Selber kochen, auch in veränderten Zeiten: du bist es wert!

Wunderbar, wenn Familien wieder gemeinsam kochen. Wenn Kinder lernen, wie das überhaupt geht und wieviel Spass es macht. Ich möchte aber all jene nicht vergessen, die allein sind oder zu zweit. Hier kommt rasch der Gedanke auf: ach, für mich/für uns zwei lohnt es sich doch nicht, eine aufwändige Mahlzeit zu kochen.

Das ist so schade. Gerade jetzt ist es so wichtig, dem Körper all das zu geben, was er benötigt. Er braucht mengenmässig weniger, deshalb wird die Qualität immer wichtiger. Hinzu kommt, dass Essen zubereiten eine Struktur gibt. Du beschäftigst dich, hast eine wichtige Aufgabe. Sich Zeit zu nehmen, eine Mahlzeit zuzubereiten und schön anzurichten zeugt auch von Selbstliebe. Du bist es dir wert! Viele Lebensmitteln liefern deinem Körper wichtige Substanzen, die er als Ausgangsstoffe benötigt, um daraus Hormone zu produzieren. Dieser Arbeitszweig kommt quasi zum Erliegen, wenn du deinen Körper nicht vielfältig und ausreichend versorgst. Dein Körper verfügt dann auch über weniger Mittel, um sich gegen Eindringlinge zu wehren. Keine gute Ausgangslage…

Darum nochmals meine eindringliche Bitte: Nimm dir die Zeit, für dich zu kochen. Du bist es wert!

 

Mein Fazit aus der Corona-Zeit

Ich wünsche mir, dass die Corona-Zeit auch ihre guten Seiten zeigt. Dass wir Menschen uns später zurückbesinnen und sagen können: Weisst du noch? Im März 2020 kam dieser Virus. Da haben wir begonnen, unsere Mahlzeiten wieder von Grund auf selber zuzubereiten.

Wir haben Neues ausprobiert. Es hat nicht alles auf Anhieb funktioniert. Aber egal, wir haben unheimlich viel gelernt.

Wir haben uns Sinn-voll beschäftigt, sind vielleicht zu einem Team zusammengewachsen und haben etwas Gutes für unsere Gesundheit getan.

Wir haben unsere Kreativität entdeckt, viel gelacht, uns entspannt beim unendlichen Schneiden von Gemüse.

Ich wünsche mir, dass von all dem Guten etwas erhalten bleibt in der Zeit nach Corona. Dass wir ein bisschen davon hinüberretten können in eine Welt, in der die Zeit wieder zu einem knapperen Gut wird.

Wovon wirst du nach der Corona-Zeit erzählen?  Bei mir ist es ganz klar das Thema Hefewasser. Das bekommt seinen Platz in meinem Gedächtnis mit dem Vermerk „Corona – März 2020“. Was hast DU ausprobiert, weil du (endlich) mal Zeit hattest? Was erhält bei dir diesen Stempel „Corona – März 2020“?

(PS: Dieser Blogartikel entstand im Rahmen der Blog-Challenge von Judith Peters aka Sympatexter, 5 Blogartikel in 5 Wochen)