Heute ist es nicht ganz einfach, sich wirklich im Detail vorzustellen, wie es sein muss, einem gefährlichen Löwen gegenüber zu stehen. Versuche es trotzdem einmal. Weisst du, wie genial dein Körper in dieser Situation funktionieren würde?
Taucht der Löwe aus dem Nichts aus und steht furchterregend vor dir, dann schaltet dein Alarmsystem ein. Und zwar schneller, als du denken kannst! Deie Verdauungsleistung wird heruntergefahren, denn die ist jetzt überhaupt nicht wichtig. Auch das Immunsystem wird geschwächt. Jetzt geht es ums Überleben, um Kampf oder Flucht. Daher wird dein Blutdruck erhöht, das Herz pumpt mit voller Leistung. Für deine Muskeln werden Zucker und Fett bereitgestellt, damit sie aktiv werden können. Die Gehirnleistung lässt nach, denn gegenüber des Löwen braucht es weniger den Verstand als schnelle körperliche Reflexe!
Nun stehst du also da, voll einsatzfähig, bereit zum Kampf oder zur Flucht.
Kampf und Flucht bedeutet: du bewegst dich, wirst aktiv in die eine oder andere Richtung. Wie du dich auch entscheidest, langsam werden deine zirkulierenden Stresshormone wieder abgebaut, wenn sich die Situation allmählich etwas entspannt. Die bereitgestellte Energie wurde verbraucht. Dein Körper darf sich nun wieder erholen…
Heute begegnet dir wahrscheinlich kein gefährlicher Löwe von Angesicht zu Angesicht, ohne schützenden Zaun.
Der Löwe hat sich verändert. Er kommt in deinem Alltag immer noch vor, aber in Form eines nervenden Kunden, eines Befehls deines Chefs, der deine Pläne zunichte macht. Oder ein überfüllter Bus löst in deinem Körper exakt die gleiche Reaktion aus wie der Löwe. Vielleicht braucht es bei dir eine Nachbarin, die gerade heute die Waschmaschine blockiert, oder eine unklare Betreffzeile in einer e-Mail, die dein Blut in Aufruhr bringt.
Welche „Löwen“ lösen bei dir heute die Kampf-oder-Flucht-Reaktion aus? Schreibe es mir doch in die Kommentare. Mal sehen, wie unterschiedlich diese Sammlung wird. Der eine Löwe würde dir wohl überhaupt nichts anhaben können, ein anderer aber schon. So verschieden sind wir!
Worum es mir aber heute geht: Dein Körper reagiert noch genau so wie früher. Wie sieht aber deine Gegenreaktion aus? Wirst du aktiv und bewegst dich? Wahrscheinlich selten. Du musst weder vor Kunden noch Nachbarinnen davonlaufen und auch nicht gegen deinen Computer kämpfen. Und genau hier gibt es ein Problem.
Der Mensch heute hält diese Löwen-Situationen einfach aus. Sitzend. Leidend. Zucker und Fett werden deinen Muskeln aber genau so zur Verfügung gestellt. Nur werden sie nicht mehr gebraucht. Sie bleiben im Körper zurück und werden gespeichert für irgendwelche Notzeiten, die wahrscheinlich nie kommen. Der Körper meint es gut mit dir und will dich schützen, aber genau dies wird dir langfristig schaden. Vor allem dann, wenn täglich mehrere Löwen-Begegnungen stattfinden. Früher kam das vielleicht alle paar Wochen mal vor, dann durfte sich der Körper wieder erholen. Heute regst du dich womöglich mehrmals täglich auf. Stressreaktionen sind an der Tagesordnung und die Reste davon bleiben im Körper zurück. Was tust du dagegen?
Die richtige Reaktion auf eine Löwen-Begegnung wäre also, aktiv zu werden. Gehe joggen, wenn du dich aufgeregt hast. Schlage gegen einen Boxsack, wenn du wegen deines Chefs auf 180 bist. Hüpfe ein paar Mal auf und ab, wenn dich die Nachbarin wieder einmal nervt. So kannst du die aufgestaute Energie auf gesunde Weise wieder loswerden. Du schluckst den Ärger nicht einfach hinunter und brauchst anschliessend nicht noch eine Tafel Schokolade zur Beruhigung deiner Nerven.
Du siehst: es ist an der Zeit, dass wir uns wieder an die Urzeiten erinnern und die Stressreaktion auf gesunde Art und Weise zu Ende bringen! Auf in den Kampf!
Meine „Löwen“, die mir täglich begegnen sind in erster Linie Angehörige, die völlig unsachlich, beleidigend und laut, sich über irgendwelche Dinge beschweren, ohne einmal Luft zu holen und zuzuhören, was man gerade dazu sagt. Oder Mitarbeiter, die manchmal mit dermaßen dreiste Erwartungen vor mir stehen und null Einsicht zeigen, oder ein Vorgesetzter, der ausschließlich die Zahlen sieht anstatt die Tatsache, dass man durch bestimmte Ausgaben, schlimme Folgen vermieden werden u.s.w.